Petrus erkennt in Jesus den Messias

Petrus erkennt in Jesus den Messias

(Mk VIII 27) Von da zog Jesus mit seinen Jüngern in die Dörfer von Cäsarea Filippi. Unterwegs fragte er sie: „Für wen halten mich die Leute?“ (28) Sie antworteten: „Für Johannes den Täufer[1]; andre für Elia[2], andre für irgend einen Profeten.“ (29) Als er nun weiter fragte: „Für wen aber haltet ihr mich?“[3] da antwortete Petrus: „Du bist der Messias.“[4] (30) Er aber fuhr sie an und verbot ihnen, mit irgend jemand davon zu sprechen. (31) Und sogleich begann er sie darüber zu belehren, daß der Menschensohn viel leiden müsse und verworfen werden von den Ältesten Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden.[5] (32) Da nahm Petrus ihn beiseite und machte ihm Vorhaltungen. (33) Jesus aber wandte sich um zu seinen Jüngern und schalt Petrus: „Fort von mir, Satan! du sinnst nicht Göttliches, sondern Menschliches.“[6] (34) Und er sprach zu seinen Jüngern: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich[7]! (35) Denn wer sein Leben retten will, der wirds verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es retten. (36) Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, aber sein Leben verlöre? (37) Womit könnt er es zurückkaufen? (38) Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich des Menschen Sohn[8] auch schämen, wenn er kommt in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln. (IX 1) Wahrlich, ich sage euch: Einige von denen, die hier stehn, werden den Tod nicht schmecken, eh sie das Reich Gottes mit Macht kommen sehen.“[9]

(30) Von dort brachen sie auf und zogen durch Galiläa. Er wollte aber nicht, daß es jemand erführe.[10] (Lk X 38) Und er kam in ein Dorf, und eine Frau namens Martha nahm ihn in ihr Haus auf. (39) Sie hatte eine Schwester Maria, die setzte sich zu seinen Füßen und hörte sein Wort. (40) Martha aber wurde ganz in Anspruch genommen von der vielen Hausarbeit. Sie trat deshalb an Jesus heran und sagte: „Herr, kümmerst du dich nicht darum, daß meine Schwester mich die ganze Arbeit allein machen läßt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“ (41) Er aber erwiderte: „Martha Martha, du machst dir viel Sorgen und Umstände; (42) es braucht doch nur wenig. Maria hat das bessere Teil erwählt, das soll ihr nicht genommen werden.“ (33) Und sie kamen nach Kapernaum. Als er zu Hause war, fragte er seine Jünger: „Wovon habt ihr unterwegs gesprochen?“ (34) Sie aber schwiegen; denn sie hatten darüber gestritten, wer der Größte wäre. (36) Da nahm er ein Kind, herzte es und sprach: (X 15) „Wer das Reich Gottes nicht wie ein Kind annimmt, wird nicht hineinkommen.“

Erklärungen

[1] Vgl. VI 14 !

[2] Vgl. Mt XI 10.14 !

[3] Diese Frage hätte keinen Sinn, wenn Jesus sich schon früher als Messias kundgegeben hätte.

[4] Hier bringt Mt folgende Sonderüberlieferung: „(XVI 17) Da antwortete Jesus: „Selig bist du Simon bar Jona denn Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart sondern mein Vater im Himmel. (18) Und so sag ich dir: Du heißt Fels, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Tore der Hölle werden sie nicht überwältigen. (19) Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst wird auch im Himmel los sein!“ Zur Erklärung: (17) „bar“ – Sohn Des; (18) „Fels“: vgl. Mk III 16! «Tore der Hölle» – die ihnen entströmenden Scharen von Dämonen; (19) Mit den „Schlüsseln“ soll Petrus den Zugang zum Himmelreich (Reich Gottes) öffnen, den nach Mt XXIII 13 die Schriftgelehrten und Farisäer verschließen; „binden und lösen“: Was Petrus für verboten oder erlaubt erklärt soll auch vor Gott dafür gelten. Mt XVI 17-19 wird aus den Parteikämpfen innerhalb der Urgemeinde Jerusalem als Mythus der Petruspartei zu erklären sein. Hier waren bis zur Verfolgung durch König Agrippa I. i. J. 44 von Anfang an nächst Petrus die Zebedäussöhne Jakobus und Johannes, bald auch Jakobus, der Bruder Jesu, die führenden Männer. Bis zu seiner Flucht aus Jerusalem i. J. 44 wird besonders der Ehrgeiz der herrischen Zebedäussöhne (vgl. Mk III 17 IX 38-40 X 35-44 Lk 52-56 !) dem Petrus viel zu schaffen gemacht haben. Später sind es nach Calater II (besonders 11-14) einerseits Jakobus, der Bruder Jesu, anderseits Paulus, die die Autorität des Petrus in Frage stellen. Demgegenüber wird die Partei des Petrus, die wir i. J. 56 in Korinth bezeugt finden (vgl. 1. Korinther I 11.12 t), den obigen Mythus von der durch Jesus dem Petrus verliehenen Vorrangstellung erfunden haben. Nach dem Tode des Petrus hat die römische Gemeinde den Mythus für ihre Bischöfe als Nachfolger des Petrus in Anspruch genommen und das Binden und Lösen auch auf das Vorbehalten und Erlassen von Sünden gedeutet.

[5] „Die an das Petrusbekenntnis sofort angehängte Korrektur des Messiasbegriffs, die sich auch in der Ersetzung des Christus durch den Menschensohn zeigt, deutet zugleich den Entschluß Jesu an, nach Jerusalem zu gehen.“ (Wellhausen)

[6] „Petrus hat sich den Messias anders vorgestellt als leidend und sterbend. Er will Jesus in derselben Weise von der Bahn abbringen wie der Satan in der Versuchungsgeschichte und wird mit denselben Worten abgewiesen wie jener in Mt IV 10, auch geradezu als Satan angeredet.“ (Wellhausen)

[7] S. Kapitel „Berufung und Aussendung der Zwölf“, Fußnote 8!

[8] Vgl. Daniel VII 13!

[9] „So bald wird Jesus nicht kommen, aber doch eher als alle seine Jünger ausgestorben sind. Wir werden damit hinabgeführt auf eine Zeit, wo die meisten unmittelbaren Jünger Jesu schon dahingerafft waren, doch aber die Hoffnung festgehalten wurde, dass wenigstens ein kleiner Rest längst erwartete Parusie (= Ankunft) noch erleben werde. Das Reich Gottes in Kraft empfängt seinen Sinn erst durch den Gegensatz eines andern schon gegenwärtigen und innerlichen Reiches Gottes.“ (Wellhausen)

[10] Weil er fürchten musste, Herodes Antipas in die Hände zu fallen, der nach VI 14 auf ihn aufmerksam geworden war. Vgl. Mk XIII 31-33 !