Wie Johannes der Täufer und Jesus von einander dachten

Wie Johannes der Täufer und Jesus von einander dachten

(Mt XI 2) Als Johannes im Gefängnis von den Taten Jesu hörte, ließ er ihn durch seine Jünger fragen: (3) „Bist du, der da kommen soll[1] oder müssen wir auf einen andern warten?“ (4) Jesus antwortete: „Berichtet Johannes was ihr hört und seht! (5) Blinde sehen, Lahme gehn, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehn auf und Armen wird frohe Botschaft verkündet.[2] (6) Wohl dem der nicht an mir Anstoß nimmt!“

(7) Als sie fort waren, sprach Jesus über Johannes zum Volke: „Wozu gingt ihr hinaus in die Wüste?[3] Ein Rohr zu sehen das im Winde schwankt?[4] (8) Oder wozu gingt ihr hinaus? Einen Mann zu sehn in weichen Kleidern? Die weiche Kleider tragen sind in den Höfen der Könige. (9) Oder wozu gingt ihr hinaus? Einen Profeten zu sehn? Ja, ich sage euch: Mehr als einen Profeten! (10) Er ists von dem geschrieben steht: ‚Sieh, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.’ (14) Er ist Elia[5].(11) Kein Größerer ist je von einem Weibe geboren als Johannes der Täufer; doch ist der Kleinste im Reiche Gottes größer als er.[6]

(16) Wem soll ich aber dies Geschlecht vergleichen? Es gleicht den Kindern, die auf dem Markt sitzen und ihren Gespielen zurufen: (17) ‚Wir spielten die Flöte, doch ihr habt nicht getanzt; wir sangen die Totenklage, doch ihr habt nicht die Brust geschlagen.’[7] (18) Johannes kam, aß nicht und trank nicht[8]; da sagten sie: Er ist besessen. (19) Der Menschensohn kam, aß und trank; da sagen sie: Seht den Fresser und Säufer, den Freund der Zöllner und Sünder!“[9]

Erklärungen

[1] Der Messias. Er hat sich dieses anders vorgestellt.

[2] Das waren nach Jesaja XXXV 5.6 LXI 1 Zeichen der messianischen Zeit.

[3] Vgl. Mk I 4-6 !

[4] Johannes war alles andre als das! Auch kein Höfling (8).

[5] Vgl. Kapitel „Johannes der Täufer“, Fußnote 3!

[6] „Der geringste Christ ist eben als Christ mehr als der größte Jude.” (Wellhausen)

[7] Keiner kann es ihnen recht machen.

[8] Vgl. Mk I 6 und Lk I 15 !

[9] „Johannes war der Vorgänger Jesu, und seine Jünger hatten in der Taufe, im Fasten und im Gebet (Lk XI 1) die Priorität vor den Jüngern Jesu. Sie schlossen sich ihnen nicht an (Apg XIX 1-7), sondern behaupteten die Selbständigkeit ihres Meisters und dann natürlich auch seinen Vorrang vor Jesus. Die Christen dagegen behaupteten, er sei bloß der Wegbereiter Jesu gewesen, habe auch weiter nichts sein wollen und in ihm den Messias erkannt. In unserm Kapitel wird nur so viel zugegeben, dass er von hinten nach ins Schwanken geraten sei.“ (Wellhausen)