Hinrichtung Hyrkans. Herodes geht zu Oktavianus über. Hinrichtung Mariames

Hinrichtung Hyrkans. Herodes geht zu Oktavianus über. Hinrichtung Mariames

(XV 6) Nach dem Siege Oktavians über Antonius bei Aktium frohlockten die Feinde des Herodes; denn sie glaubten, er werde wegen seiner freundschaftlichen Beziehungen zu Antonius seiner Strafe nun nicht entgehn. In dieser Lage hielt Herodes es für geraten, Hyrkan, der allein vom alten Königsgeschlecht noch am Leben war, aus dem Wege zu räumen, damit niemand mehr vorhanden wäre, der mit mehr Recht als er selbst auf den Thron Anspruch machen könnte. Den Anlaß zur Tat bot ihm Hyrkan selbst, als er auf Drängen seiner Tochter Alexandra mit dem Araberkönige zu verhandeln begann wegen einer Flucht nach Arabien. Als Herodes davon erfuhr, ließ er Hyrkan sofort hinrichten.  So endete im Alter von mehr als achtzig Jahren der letzten Makkabäer, der durch seine Abneigung gegen die Staatsgeschäfte es verschuldet hatte, daß Antipater und Herodes zu so großer Macht gelangten.

Gleich nach der Hinrichtung Hyrkans beschloß Herodes, zu Oktavian zu reisen, um zu versuchen, ob er durch eine persönliche Aussprache sich retten könne. Da er aber nicht viel Gutes davon erwartete und fürchtete, Alexandra möchte seine Abwesenheit benutzen, um das Volk zur Empörung anzustacheln, so übertrug er die Verwaltung seines Reiches seinem Bruder Feroras, brachte seine Mutter nach Kypros, seine Schwester und all seine Kinder in die Festung Masada, seine Gattin Mariame aber, die er wegen ihrer Feindschaft gegen seine Schwester und seine Mutter nicht mit diesen zusammen lassen konnte, nebst ihrer Mutter Alexandra in die Festung Alexandrium. Die Überwachung Mariames und Alexandras vertraute er seinem Schatzmeister Josef und dem Ituräer Soämus an, die er beide als sehr treu befunden hatte. Er gab ihnen zugleich den strengen Befehl, sobald sie etwas Ungünstiges über sein Schicksal erführen, unverzüglich beide Frauen zu töten und alles aufzubieten, um die Herrschaft seinen Kindern und seinem Bruder zu sichern. Dann schiffte er sich nach Rhodos ein, wo Oktavian sich damals aufhielt, und erschien vor ihm ohne Diadem, in Kleidung und Gebaren eines Privatmannes. Freimütig bekannte er, Antonius bislang nach besten Kräften unterstützt zu haben; aber nachdem Antonius jetzt trotz seiner Warnungen sich ganz der Kleopatra ergeben habe, halte er dessen und damit auch seine eigne Sache für verloren; er habe deshalb die Krone niedergelegt und sich zu ihm begeben in der Hoffnung, seine Gnade zu erringen, wenn er untersuche, was für ein Freund, nicht wessen Freund er gewesen. Oktavian, der Antonius noch nicht für überwunden hielt, solange Herodes diesem treu blieb, bestätigte mit schmeichelhaften Worten ihn in seiner Königswürde und vergrößerte sogar sein Reich, besonders um Samaria und einige Küstenstädte wie Gaza Joppe und Stratonsturm, sowie um weite Gebiete im Nordosten, deren Räuberbanden die benachbarte römische Provinz Syrien heimsuchten.

(7) So sehr sich aber die Lage des Herodes infolge seiner Reise gebessert hatte, so viel Leid erwartete ihn bei seiner Rückkehr nach Hause, besonders in seiner Ehe, die früher so glücklich schien. Denn Mariame hatte von Somäus, nachdem sie ihm lange mit Schmeicheleien und Geschenken zugesetzt, erfahren, welchen Auftrag Herodes ihm gegeben hatte. Sie empfing ihn nun mit unverhohlenem Abscheu, behandelte ihn, der in Liebe zu ihr schmachtete, abstoßend und von oben herab und ließ oft nach Frauenart ihre schlechte Laune an ihm aus, verspottete auch offen des Königs Mutter und Schwester wegen ihrer niederen Herkunft, was diese in ihren Gesprächen mit Herodes durch schändliche Verleumdungen vergalten. Schließlich kam sein lang verhaltener Groll durch folgenden Vorfall zum Ausbruch: Als er sich eines Tages um die Mittagszeit zur Ruhe begab und in großer Liebessehnsucht Mariame zu sich rief, kam diese auch in sein Gemach, weigerte sich aber, bei ihm zu ruhen, und erwiderte sein Begehren mit Schmähungen und Vorwürfen, indem sie ihm ihres Vaters und ihres Bruders Ermordung zur Last legte. Hierüber geriet Herodes in höchsten Zorn. Als seine Schwester Salome den Lärm hörte, ließ sie den Mundschenken des Königs kommen und befahl ihm, dem Könige zu melden, daß Mariame ihn habe bestechen wollen, ihm einen Liebestrank zu reichen, der in Wirklichkeit ein Gifttrank gewesen wäre. Herodes ließ sofort einen Eunuchen, Mariames geheimsten Vertrauten, peinlich wegen des Gifttranks befragen. Der konnte zwar darüber nichts sagen, bekannte aber, daß Mariame den König hasse wegen dessen, was Soämus ihr verraten habe. Da erhob der König ein gewaltiges Geschrei und rief, Soämus würde nie seinen Auftrag verraten haben, wenn er nicht mit Mariame in unerlaubtem Verkehr gestanden hätte. Und sofort ließ er ihn festnehmen und hinrichten.[1] Über seine Gattin aber hielt er unter Zuziehung seiner vertrautesten Räte Gericht und verklagte sie wegen des angeblichen Gifttrankes; und auf Herodes Drängen verurteilten seine Räte sie zum Tode. Als das Urteil gefällt war, wollte Herodes es aber nicht übereilt vollstrecken lassen, sondern Mariame in einer der Festungen in Gewahrsam halten. Doch als Salome ihm vorhielt, es könnten dann Unruhen ausbrechen, gab er Befehl, sie hinzurichten. Unverzagt und ohne auch nur die Farbe zu wechseln ging die keusche und hochsinnige Frau in den Tod, auch bei ihrem Ende den Adel ihres Geschlechts wahrend. Nach ihrem Tode aber entbrannte das sehnsüchtige Verlangen des Königs nach ihr nur um so heftiger, sodaß er oft nach ihr rief und unbeherrscht sie beklagte oder durch Zerstreuungen aller Art, besonders durch Gastmähler und Trinkgelage, seinen Schmerz zu betäuben suchte. Schließlich fiel er in eine schwere Krankheit. Von dieser kaum genesen, war er so gereizt, daß er jeden, der ihm in die Quere kam, umbringen ließ, darunter auch seine Schwiegermutter Alexandra, die während seiner  Krankheit versucht hatte, die beiden, Jerusalem und den Tempel beherrschenden, festen Burgen in ihre Hand zu bekommen.

Erklärungen

[1] Die vorstehende Geschichte von dem Befehl des Herodes, Mariame zu töten, wenn er nicht von der gefährlichen Reise zurückkäme, ist offenbar nur eine Variante der in XV 6.7 erzählten. Vgl. aber Hebbels „Herodes und Marianne“!