Einleitung

b) Visionen und Abstraktionen

Die expressionistische Kunst gilt weithin als Prototyp der gegen Naturalismus und Realis­mus gerichteten Wende in der Entwicklung der modernen Ästhetik. Zum kunstkritischen Ge­meinplatz wurde es, den Gehalt der Epoche als eine ästhetisch vermittelte gesellschafts- und kulturkritische Negation des »Gegebenen«[1] zu fassen, deren Radikalität künstlerisch wie ideologisch zu einem Übergewicht des utopisch Visionären und zum Umschlag in formalisti­sche Abstraktionen geführt habe.[2] Die etwa am expressionistischen Drama beobachtbare Typisierung der Figuren zu ideellen Protagonisten, die in der Lyrik greifbare Tendenz zu Pro­phetie und hyperbolischer Intuition sowie der Zug zur absoluten Prosa sind solche Kennzei­chen des »Abstraktionismus«, den man damals vielstimmig proklamierte: