Elisa und die Sunamitin

Elisa und die Sunamitin

(2. Könige IV 8) Eines Tages ging Elisa nach Sunem. Dort wohnte eine reiche Frau; die nötigte ihn bei ihr zu essen. Und sooft er später vorbeikam, kehrte er dort zum Essen ein. (9) Da sagte die Frau zu ihrem Manne: „Der Mann, der immer zu uns kommt, ist gewiß ein heiliger Gottesmann. (10) Wir wollen ein kleines Dachzimmer aufmauern und ihm Bett Tisch Stuhl und Leuchter hineinstellen; dann kann er da immer wohnen, wenn er hierher kommt.“

(11) Als er eines Tages wieder dorthin kam, ging er in das Dachzimmer und legte sich da schlafen. (12) Dann befahl er seinem Diener Gehasi: „Ruf unsre Sunamitin!“ (15) Er rief sie und sie kam, blieb aber an der Tür stehn. (13) Da sprach Elisa zu ihr: „Sag mir doch, nachdem du dir unsertwegen so viel Mühe gemacht hast, was ich für dich tun kann! Soll ich für dich mit dem Könige oder mit dem Feldhauptmann sprechen?“ Sie antwortete: „Ich wohne sicher inmitten meiner Sippe.“ (14) Als er nun dachte: „Was kann man nur sonst für sie tun?“ flüsterte ihm Gehasi zu: „Sie hat keinen Sohn, und ihr Mann ist alt!“ (16) Da sprach Elia: „Übers Jahr um diese Zeit wirst du einen Sohn herzen.“ Sie erwiderte: „Nicht doch, Herr, rede deiner Magd nichts vor!“ (17) Übers Jahr aber gebar sie einen Sohn, wie Elisa ihr verheißen hatte.

(18) Als der Knabe herangewachsen war, ging er eines Tages zu den Schnittern aufs Feld. (19) Plötzlich rief er seinem Vater zu: „Mein Kopf! mein Kopf!“ Der befahl einem Knechte: „Trag ihn zu seiner Mutter!“ (20) Bis Mittag saß er auf ihrem Schoß, dann starb er. (21) Sie trug ihn hinauf und legte ihn auf das Bett des Gottesmannes. (22) Dann rief sie ihrem Manne zu: „Schick mir doch einen Knecht mit einer Eselin! ich will schnell zu dem Gottesmann, ich komme gleich wieder.“ (23) Er rief zurück: „Warum denn heute? es ist doch weder Neumond noch Sabbat!“ Sie aber rief: „Auf Wiedersehn!“ (24) sattelte die Eselin und befahl dem Knechte: „Treib sie immerfort an! mach keine Rast, eh ich dirs sage!“ (25) So kam sie zum Gottesmann auf den Berg Karmel.

Als Elisa sie von ferne sah, sagte er zu seinem Diener Gehasi: „Da kommt ja die Sunamitin! (26) Lauf ihr entgegen und frag sie, wie es ihr, ihrem Manne und ihrem Sohn geht!“ Sie antwortete: „Gut.“ (27) Als sie aber bei dem Gottesmann angekommen war, umschlang sie seine Füße. Gehasi wollte sie wegstoßen; doch der Gottesmann sagte: „Laß sie! sie hat schweren Kummer; aber Jahwe hat es mir verborgen.“ (28) Nun klagte sie: „Hab ich meinen Herrn um einen Sohn gebeten? Hab ich nicht gesagt: Mach mir keine leeren Hoffnungen?“ (29) Da befahl er Gehasi: „Mach dich fertig, nimm meinen Stab und geh! Wenn dir jemand begegnet, so grüß ihn nicht; und wenn dich jemand grüßt, so dank ihm nicht; und leg meinen Stab dem Knaben aufs Gesicht!“ (30) Die Mutter des Knaben aber sagte: „Ich lasse dich nicht, so wahr Jahwe lebt und so wahr du lebst!“ Da machte er sich auf und folgte ihr.

(31) Gehasi war vorausgeeilt und hatte dem Knaben den Stab aufs Gesicht gelegt; aber der gab kein Lebenszeichen von sich. Da kehrte er um und meldete: „Der Knabe ist nicht aufgewacht.“ (32) Als nun Elisa ins Haus kam, lag der Knabe tot auf seinem Bette. (33) Er schloß die Tür hinter sich und betete zu Jahwe. (34) Dann bestieg er das Bett und legte sich auf den Knaben, Mund auf Mund, Augen auf Augen, Hände auf Hände. Da wurde der Körper des Knaben wieder warm. (35) Nun stieg er vom Bett herunter, ging einmal im Zimmer auf und ab, stieg wieder hinauf und beugte sich über den Knaben. Da nieste der Knabe siebenmal und schlug die Augen auf. (36) Jetzt rief Elisa Ehasi und befahl ihm, die Sunamitin zu holen. Als sie kam, sagte er: „Da hast du deinen Sohn!“ (37) Sie fiel ihm zu Füßen, verneigte sich bis zur Erde, nahm ihren Sohn und ging hinaus.