Das Gottesgericht am Karmel

Das Gottesgericht am Karmel

(1. Könige XVIII 1) Lange Zeit danach erging das Wort Jahwes an Elia: „Geh hin und zeig dich Ahab, damit ich regnen lasse auf Erden!“ (2) Da ging Elia hin, um sich Ahab zu zeigen.

Die Hungersnot aber war groß in Samaria. (3) Darum hatte Ahab seinen Oberhofmeister Obadja gerufen und ihm gesagt: (5) „Komm, wir wollen das Land durchziehen nach Quellen und Bächen! Vielleicht finden wir Gras, sodaß wir Pferde und Maultiere  am Leben erhalten können und nicht einen Teil der Tiere abschlachten müssen.“ (6) Und sie hatten sich in das Land geteilt: der eine war in dieser, der andre in jener Richtung gezogen.

(7) Während Obadja seines Weges ging, stand plötzlich Elia vor ihm. Als Obadja ihn erkannte, fiel er auf sein Gesicht und fragte: „Bist du es, mein Herr Elia?“ (8) Er antwortete: „Ich bins. Geh hin und sag deinem Herrn: Elia ist da!“ (9) Obadja erwiderte: „Was hab ich verbrochen, daß du deinen Knecht an Ahab ausliefern willst mich zu töten? (10) So wahr dein Gott Jahwe lebt, es gibt kein Volk noch Königreich, wohin mein Herr nicht gesandt hätte dich zu suchen.  Hieß es dann: Er ist nicht da! so nahm er einen Eid von dem Königreich und Volk, daß man dich nicht gefunden habe. (11) Und nun willst du daß ich hingehe und meinem Herrn sage: Elia ist da? (12) Wenn ich jetzt von dir wegginge und der Geist Jahwes entrückte dich wer weiß wohin und ich käme zu Ahab und meldete ihm daß du da bist und er fände dich nicht, so würde er mich umbringen. Und doch hat dein Knecht Jahwe von Jugend auf gefürchtet. (13) Ich meinem Herrn nicht berichtet worden was ich getan habe, als Isebel die Profeten Jahwes ermorden ließ, wie ich da hundert Profeten versteckte, je fünfzig in einer Höhle, und sie mit Brot und Wasser versorgte? (14) Und nun willst du daß ich hingehe und meinem Herrn sage: „Elia ist das! damit er mich umbringe?“ (15) Doch Elia schwur ihm: „So wahr Jahwe Zebaot lebt, in dessen Dienst ich stehe, heute noch will ich mich ihm zeigen!“ (16) Da ging Obadja Ahab entgegen und meldete es ihm. Sofort machte sich dieser auf den Weg zu Elia.

(17) Als er ihn erblickte, rief er ihm zu: „Bist zu es wirklich, Verderber Israels?“[1] (18) Elia erwiderte: „Nicht ich habe Israel ins Verderben gestürzt, sondern du und dein Haus, weil ihr Jahwe verlassen habt und den Baalen nachgelaufen seid. (19) Nun aber versammle ganz Israel bei mir auf dem Berge Karmel samt den vierhundertfünfzig Profeten Baals, die an der Tafel Isebels essen!“

(20) Da ließ Ahab ganz Israel und alle Profeten auf den Berg Karmel kommen. (21) Und Elia trat vor das Volk und sprach: „Wie lange wollt ihr auf beiden Seiten hinken?[2] Ist Jahwe Gott, so haltet zu ihm; ist aber Baal Gott, so folgt diesem!“ Das Volk antwortete nichts. (22) Und Elia fuhrt fort: „Ich bin der einzige Profet Jahwes, der am Leben geblieben ist, der Baalsprofeten aber sind vierhundertfünfzig. (23) Man gebe uns nun zwei Stiere! Sie mögen sich den einen auswählen, ihn zerstücken und auf die Scheite legen, doch ohne Feuer anzumachen, während ich den andern zurichte, ebenfalls ohne Feuer anzumachen. (24) Dann mögen sie den Namen ihres Gottes anrufen, während ich den Namen Jahwes anrufe. Der Gott der mit Feuer antwortet ist der wahre Gott.“ Da rief das ganze Volk: „So sei es!“

(25) Nun sprach Elia zu den Profeten Baals: „Wählt euch einen Stier und richtet ihn zuerst zu! denn ihr seid die Mehrzahl. Und ruft den Namen eures Gottes an, aber ohne Feuer anzumachen!““(26) Da nahmen sie den einen Stier und richteten ihn zu und riefen den Namen Baals an vom Morgen bis zum Mittag: „Baal, erhöre uns!“ Doch es kam weder Stimme noch Antwort. Und sie hinkten um den Altar, den sie gemacht hatten. (27) Als es Mittag wurde, spottete Elia: „Ruft lauter! er ist ja ein Gott; vielleicht ist er nur in Gedanken oder beiseite gegangen oder verreist oder schläft und wird dann aufwachen.“ (28) Da riefen sie ganz laut und machten sich nach ihrer Gewohnheit Einschnitte mit Schwertern und Spießen, bis das Blut an ihnen herabfloß. (29) Als Mittag vorbei war, gerieten sie ins Rasen bis um die Zeit wo man das Speisopfer darbringt. Doch es kam weder Stimme noch Antwort noch Erhörung.[3]

(30) Jetzt sprach Elia zum Volke: „Kommt her zu mir!“ Und sie stellten den zerstörten Altar Jahwes wieder her. (35) Dann schichtete er die Scheite, zerlegte den Stier, tat ihn auf die Scheite (36) und betete: „Jahwe, du Gott Abrahams Isaaks und Israels, laß heute kundwerden daß du Gott bist in Israel. Erhör mich, Jahwe, erhöre mich, damit dies Volk erkenne daß du der wahr Gott bist!“ (38) Da fiel Feuer Jahwes herab und verzehrte das Brandopfer und die Scheite. (39) Als die Leute das sahen, fielen sie auf ihr Gesicht und riefen: „Jahwe ist Gott! Jahwe ist Gott!“ (40) Nun befahl Elia: „Greift die Baalsprofeten! laßt keinen entrinnen!“ Man griff sie, und Elia führte sie an den Kisonbach und schlachtete sie dort.[4]

(41) Dann sagte Elia zu Ahab: „Geh hinauf, iß und trink! ich höre schon das Rauschen des Regens.“ (42) Während Ahab aß und trank, stieg Elia auf die Höhe des Karmels, beugte sich zur Erde und steckte seinen Kopf zwischen die Knie.[5] (43) Dann befahl er seinem Diener: „Geh hinauf und schau aus aufs Meer!“ Der ging hinauf, schaute aus und meldete: „Es ist nichts da.“ Elia befahl: „Geh siebenmal hin!“ Der Diener tat so; (44) beim siebten Male meldete er: „Jetzt steigt ein Wölkchen, so klein wie eines Mannes Hand, vom Meere auf.“ Da befahl Elia: „Geh zu Ahab und sag ihm: Spann an und fahr hinab, damit dich der Regen nicht zurückhalte!“ (45) Und eh man sichs versah, war der Himmel schwarz von Wolken, und es fiel ein gewaltiger Regen. Da bestieg Ahab seinen Wagen und fuhr nach Jesreel. (46) Über Elia aber kam die Hand Jahwes, sodaß er sich gürtete und bis Jesreel vor Ahab herlief.

Erklärungen

[1] Er sieht in ihm den Urheber der Dürre; vgl. XVII 1!

[2] Von kultischen Tänzen, die den in 29 erreichten Zustand der Ekstase herbeiführen sollten.

[3] Die Verse 26-39 sind eine eindrucksvolle und religionsgeschichtlich bedeutsame Kritik der Baalsverehrung. Zu 28.29 vgl. 1. Samuel x 5!

[4] Von jeher war Jahwe ein unduldsamer Gott.

[5] Um den Regen herbeizubeten.