Aufstand gegen die Filister. Jonatans Heldentat und Sauls Sieg

Aufstand gegen die Filister. Jonatans Heldentat und Sauls Sieg

(1. Samuel XIII 3) Eines Tages erschlug Jonatan den Vogt[1] der Filister zu Gibea, und Saul ließ im ganzen Lande zum Aufstand blasen. Aber auf die Nachricht vom Abfall der Hebräer (5) sammelten sich die Filister zum Kampf gegen Israel, dreitausend Wagen sechstausend Reiter und Fußvolk soviel wie Sand am Meere, und lagerten sich bei Michmas. (6) Als die Israeliten sahen daß sie in die Enge getrieben wurden, verkrochen sie sich in Höhlen Löcher Felsspalten Gräber und Zisternen (7) oder flohen durch die Jordanfurten in das Gebiet  von Gad und Gilead. (15) Saul aber zog mit dem Rest seines Heeres den Filistern nach Gibea entgegen; als er dort Musterung hielt, hatte er nur noch sechshundert Mann.

(17) Da zogen die Filister aus ihrem Lager in drei Abteilungen nach verschiedenen Seiten aus, um das Land zu verheeren; (23) eine Feldwache der Filister aber rückte gegen den Paß von Michmas vor.

(XIV 1) Eines Tages sagte Jonatan zu seinem Waffenträger: „Komm, wir wollen hinübergehn zu der Feldwache der Unbeschnittenen da drüben! (6) Vielleicht hilft uns Jahwe; denn er vermag auch durch wenige den Sieg zu verleihen.“ (7)  Sein Waffenträger erwiderte: „Tu wozu dein Herz dich drängt! ich folge dir.“ (1 b) Seinem Vater aber hatte Jonatan nichts davon gesagt. (8) Da sagte Jonatan zu seinem Waffenträger: „Wir wollen uns ihnen zeigen! (9) Rufen sie dann: Steht still, bis wir zu euch kommen! so wollen wir an Ort und Stelle stehn bleiben und nicht zu ihnen hinaufsteigen. (10) Rufen sie aber: Kommt doch zu uns herauf! so wollen wir zu ihnen hinaufsteigen, denn Jahwe hat sie in unsre Hand gegeben. Das soll unser Zeichen sein.“ (11) Als die Feldwache der Filister sie erblickte, spottete sie: „Ei, da kommen ja die Hebräer aus den Löchern hervor, in die sie sich verkrochen haben!“ (12) Und sie riefen Jonatan und seinem Waffenträger zu: „Kommt nur herauf! wir möchten ein Wörtchen mit euch reden!“ Da sagte Jonatan zu seinem Waffenträger: „Mir nach! Jahwe hat sie in Israels Hand gegeben.“ (13) Und Jonatan kletterte auf Händen und Füßen hinauf, sein Waffenträger ihm nach. Da flohen sie vor Jonatan; der aber machte sie nieder, und sein Waffenträger gab ihnen den Rest. (14) So erschlugen sie etwa zwanzig Mann. (15) Da erschrak die Besatzung des Lagers und die die ausgezogen waren das Land zu verheeren; dazu bebte die Erde und erzeugte einen Gottesschreck.

(16) Als die Posten Sauls meldeten daß im Lager der Filister alles hin und her liefe, (17) sagte Saul zu seinen Männern: „Stellt fest wer von uns weggegangen ist!“ Als sie nachsahen, stellte sich heraus daß Jonatan und sein Waffenträger fehlten. (18) Da befahl Saul dem Priester Ahia[2]: „Bring den Efod!“ denn er trug damals den Efod vor Israel. (19) Inzwischen war das Getümmel im Lager der Filister immer größer geworden. Da befahl Saul dem Priester: „Laß sein!“ (20) Und Saul und all seine Männer brachen auf; als sie zum Lager der Filister kamen, sahen sie daß das Schwert des einen gegen den andern gerichtet war. (21) Nun fielen die Hebräer, die seit langem mit den Filistern verbündet waren und ihnen Heerfolge leisteten, ab, um sich den Israeliten unter Saul und Jonatan anzuschließen. (22) Und als die Israeliten, die sich auf dem Gebirge Efraim verkrochen hatten, hörten daß die Filister geflohen seien, setzten auch sie ihnen nach. (23) So gab Jahwe an jenem Tage Israel den Sieg.

(24) Saul aber hatte das Heer schwören lassen: „Verflucht sei der Mann, der etwas ißt vor dem Abend, bevor ich mich an meinen Feinden gerächt habe!“ Und niemand aß etwas. (25) Nun waren da Honigwaben auf dem Felde. (26) Als das Heer zu den Waben kam, flossen sie über von Honig; doch niemand führte die Hand zu Mund, denn die Männer fürchteten den Fluch. (27) Jonatan aber hatte nicht gehört wie sein Vater das Heer schwören ließ. So tauchte er die Spitze seines Stabes in die Waben und führte den Honig zum Munde; da wurden seine Augen hell. (28) Als einer von den Männern zu ihm sagte: „Dein Vater hat das Heer schwören lassen: Verflucht sei der Mann der heute etwas ißt!“ (29) erwiderte Jonatan: „Mein Vater stürzt das Land ins Unglück. Seht doch wie meine Augen hell geworden sind, nachdem ich das Bißchen Honig genossen habe! (30) Hätte nur das Heer von der Beute gegessen, so wäre die Niederlage der Filister viel größer geworden.“

(31) Sie hatten aber die Filister an jenem Tage von Michmas bis Ajalon verfolgt, und das Heer war sehr ermüdet. (32) Da machten sich die Männer über die Beute her, schlachteten Schafe Rinder und Kälber auf der bloßen Erde und aßen das Fleisch mit dem Blute. (33) Als man das Saul meldete, rief er: „Ihr frevelt. Wälzt einen großen Stein her (34) und bringe jeder sein Rind und sein Schaf und schlachte es hier; eßt nicht das Fleisch mit dem Blute! Sonst versündigt ihr euch an Jahwe.“ Da brachte jeder sein Tier und schlachtete es dort.

(36) Darauf sagte Saul: „Wir wollen noch während der Nacht den Filistern folgen und beim Morgengrauen über sie herfallen, damit keiner am Leben bleibt!“ Sie antworteten: „Tu was dir gut dünkt!“ Der Priester aber sagte: „Soll ich die Filister verfolgen? Wirst du sie in die Hand Israels geben?“ antwortete er ihm an jenem Tage nicht. (38) Da rief Saul: „Tretet heran, ihr Fürsten des Volkes, und forscht nach, wer die Sünde begangen hat! (39) Denn so wahr Jahwe lebt, der Israel Sieg verliehen hat, selbst wenn mein Sohn Jonatan sie begangen hätte, er müßte sterben!“ Alle schwiegen. (40)  Saul aber, an ganz Israel sich wendend, fuhr fort: „Ihr sollt auf die eine Seite treten, ich und Jonatan auf die andre!“ Die Männer antworteten: „Tu was dir gut dünkt!“ (41)  Jetzt betete Saul: „Jahwe, du Gott Israels, warum hast du deinem Knecht heute nicht geantwortet? Liegt die Schuld an mir oder meinem Sohne Jonatan, so gib Urim; liegt sie aber an deinem Volke Israel, so gib Tummim!“[3] Da wurden Jonatan und Saul getroffen, während das Heer frei ausging. (42) Nun befahl Saul: „Werft das Los zwischen mir und Jonatan!“ Da wurde Jonatan getroffen. (43) Saul fragte ihn: „Was hast du getan?“ Jonatan antwortete: „Ich habe ein Bißchen Honig gekostet mit der Spitze meines Stockes. Ich bin bereit zu sterben.“ (44) Da schwur Saul: „Gott strafe mich, wenn du nicht sterben mußt!“ (45) Das Heer aber murrte: „Sollte Jonatan sterben, der diesen großen Sieg für Israel errungen hat? Auf keinen Fall! So wahr Jahwe lebt, es soll kein Haar von seinem Haupt zu Boden fallen! Denn mit Gottes Segen hat er heut gehandelt.“ Und das Heer löste Jonatan, sodaß er nicht zu sterben brauchte. (46) Saul aber gab nun die Verfolgung der Filister auf und kehrte um, und auch die Filister kehrten in ihr Land zurück. (52) Der Krieg gegen sie aber war hart, solange Saul lebte; deshalb nahm Saul jeden tapferen und starken Mann, den er sah, in seine Dienste.

Erklärungen

[1] Oder „zerschlug die Säule“.

[2] Ein Urenkel des Priesters Eli von Silo.

[3] Urim und Tummim (Luther: „Licht und Recht“) sind die beiden Lose des Orakels, die gewöhnlich Ja und Nein bedeuten.