Befehl zum Überschreiten des Jordans

JOSUA[1]

Befehl zum Überschreiten des Jordans

(Josua I 1) Nach Moses Tode sprach Jahwe zu Josua: (2) „Mein Knecht Mose ist gestorben; so mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und das ganze Volk, in das Land, das ich ihnen geben will! (5) wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein.“ (10) Da befahl Josua den Obersten: (11) „Geht durch das Lager und sagt dem Volke an: Besorgt euch Verpflegung! denn in drei Tagen sollt ihr den Jordan überschreiten, um das Land in Besitz zu nehmen, das euch Jahwe, euer Gott, zu eigen gibt.“

Erklärungen

[1] Das Buch Josua bildet den natürlichen Abschluß der fünf Bücher Mose, indem es zu der dort erzählten Eroberung des Ostjordanlandes die des Westjordanlandes hinzufügt. Auch in der Darstellungsweise ist das Buch den JE-Stücken des 2.-5. Buches Mose verwandt, sodaß man wohl annehmen darf daß JE bis zum Tode Josuas reichte und die Grundlage des Josuabuches bildet. Wahrscheinlich das älteste Stück israelischen Schrifttums, gedichtet um 1150 v. Chr. Unter dem frischen Eindruck des soeben Erlebten. Durch das Deboralied tritt Israel zum ersten Mal in das helle Licht der Geschichte, während von allem vorher Geschehenen nur ein unsicheres und dürftiges Bild aus Sagen Ausgrabungsfunden Sprache usw. zu gewinnen ist. (Vgl. die Anmerkungen zu den Stammvätern vor 1. Mose XI 10, zu Mose bei 2. Mose XX  21 und zu Josua vor dem Buche Josua!) Wenn man zum Deboraliede die Prosaerzählung von Debora in Kapitel IV und die Angaben des Kapitels I, die beide etwa 200 Jahre jünger sind als das Lied, hinzunimmt, so ergibt sich für die Geschichte Israels in der Mitte des 12. Jhs. Etwa folgendes Bild: Bei der Eroberung Kanaans hatten die israelischen Stämme im allgemeinen nur das Bergland besetzen können. In den meisten Ebenen und hier gelegenen Städten aber hatten sich die Kanaaniten dank ihren rossebespannten eisernen Kampfwagen behauptet. So besonders in der größten dieser Ebenen, der ebene Jesreel. Ja, es war einige Zeit später einem der dortigen kanaanitischen Stadtkönige, dem Sisera, im Bunde mit anderen gelungen, die benachbarten israelischen Stämme so niederzuhalten, daß der Handelsverkehr durch ihr Gebiet lahmgelegt wurde, obwohl Israels gesamte waffenfähige Mannschaft 40.000 betrug. Bis eines Tages eine in hohem Ansehn stehende Seherin namens Debora den Barak Abinoamssohn aus dem Stamme Naftali für die Führung des Kampfes mit Sisera gewann und die israelischen Stämme zur gemeinsamen Erhebung aufrief. Dem Aufruf der Debora folgten 6 Stämme: die südlich der Ebene Jesreel wohnenden Efraim Benjamin und Machir (=Manasse), die nördlich davon wohnenden Sebulon und Naftali und der östlich davon wohnende Issachar; während 4 andre, weiter ab wohnende, nämlich Ruben und Gilead (=Gad) im Ostjordanland und Dan und Asser an der Küste des Meeres, fortblieben, was das Lied sich begnügt mit sanftem Vorwurf festzustellen. Die Südstämme Juda Simeon und Lewi werden überhaupt nicht erwähnt; sie waren damals, soweit sie noch bestanden, durch einen Streifen kanaanitisch gebliebenen Gebietes um Jerusalem von den Nordstämmen getrennt; erst 1 1/2 Jahrhunderte später hat Dawid Jerusalem den Jebusiten entrissen. In der Nähe von Megiddo kam es zur Schlacht. Die Kanaaniten wurden gegen den durch Gewitterregen angeschwollenen Bach Kison gedrängt, wo manche ertranken; die meisten aber entkamen, zumal da eine nahe israelische Stadt namens Meros ihren Volksgenossen nicht zu Hilfe eilte. Doch war den Israeliten noch ein großer Triumf beschert: der Führer des kanaanitischen Heeres, Sisera, wurde auf der Flucht von einer Frau meuchlerisch ermordet. Wie man sieht, bilden die israelischen Stämme, genauer gesagt die zehn nördlichen, noch keinen Staat, sondern nur einen losen Bund zu gegenseitiger Hilfeleistung, zusammengehalten auch durch die Verehrung des gemeinsamen Kriegsgottes Jahwe, der Israels Krieg zu seinem Kriege macht und der offenbar auch die Freude seines Volkes über das schmähliche Ende des feindlichen Führers und über den zu erwartenden Schmerz der ihres Sohnes beraubten Mutter teilt. Im Deboralied sind episch-dramatische Einzelbilder zu einem sehr wirkungsvollen Gesamtbilde vereinigt. Bei den Griechen hat sich aus ähnlichen "Liedern"- wir könnten sie Balladen nennen - das homerische Epos und dann das attische Drama entwickelt, bei den Germanen wenigstens das Epos (Hildebrandslied: Nibelungenlied). Dem israelischen Schrifttum dagegen fehlen Epos und Drama völlig.