Ironisches und Groteskes aus Ostberlin

Die Erzählungen des Günter Kunert (1968)

Von Marcel Reich-RanickiRSS-Newsfeed neuer Artikel von Marcel Reich-Ranicki

Nein, heute wird nicht genörgelt, sondern endlich einmal kräftig in die Harfe gegriffen: Es gilt, ein zwar keineswegs weltbewegendes, aber doch sehr erfreuliches Ereignis zu feiern. Ein Erzählungsband ist es, der, obwohl deutsch und neu, bereitet, was unsere Schriftsteller nur selten zu bereiten imstande sind – nämlich Vergnügen. Dies haben wir dem aus Berlin-O stammenden und in Ostberlin lebenden Günter Kunert zu verdanken.

Übrigens kommt sein Buch „Die Beerdigung findet in aller Stille statt“, Carl Hanser Verlag, gerade im rechten Augenblick. Denn wieder einmal lassen sich in der Bundesrepublik jene mehr oder minder gescheiten Autoren vernehmen, denen offenbar nichts anderes übrigbleibt, als ihre in der Tat bemitleidenswerte Impotenz als Ausdruck der Krise einer ganzen Generation oder gar der Literatur schlechthin zu tarnen und an den Mann zu bringen. Mit Hilfe einer snobistisch wohlklingenden Terminologie versuchen sie also, ihr künstlerisches Unvermögen zum ästhetischen Gesetz zu erheben.

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