Der dunkle Schatten der Vergangenheit

Ulrich Hefner thematisiert in seinem Kriminalroman „Kalteiche“ Missbrauch in Erziehungsheimen der DDR

Von Heike HendersonRSS-Newsfeed neuer Artikel von Heike Henderson

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit Kalteiche hat Ulrich Hefner nun seinen sechsten Krimi in der Trevisan-Reihe veröffentlicht. Nach zehnjähriger Abwesenheit ist Hauptkommissar Martin Trevisan wieder dort angekommen, wo er seine Karriere begonnen hat: bei der Mordkommission Wilhelmshaven. Gleich an seinem ersten Arbeitstag wird auf einem einsamen Hof kurz vor dem Deich eine ganze Familie brutal ermordet. Schnell stellt sich heraus, dass dies nur der Beginn einer Reihe grausamer Morde war. Die folgenden Ermittlungen führen den Ermittler und seine Kollegen nicht nur quer durch Norddeutschland, sondern bis in die tiefste Provinz der ehemaligen DDR. Die Aufklärung des Verbrechens geht Hand in Hand mit der Aufklärung der Vergangenheit: Der Täter ist ein ehemaliger Insasse eines Erziehungsheims für Jugendliche, deren Eltern gegen die damals geltenden Normen in der DDR verstoßen haben. Viele Jahre später verübt er Rache an denjenigen, die ihn als Kind missbraucht und seine Schwester getötet haben.

Da die Leser schon sehr früh wissen, wer der Täter ist, sind Motiv und Vergangenheitsaufklärung wichtiger als die Suche nach dem Täter. Der Umgang mit Kindern in der ehemaligen DDR sowie die Auswirkungen systemkonformer Erziehung im Allgemeinen werden kritisch beleuchtet, allerdings aus einer sehr klaren pro-westlichen Perspektive. Dies bleibt nicht nur auf den Umgang mit der Vergangenheit beschränkt: Westliche Protagonisten schneiden in diesem Werk deutlich besser ab als ihre östlichen Gegenspieler. Trotz dieser Kritik widmet sich der Autor einem wichtigen Thema, das lange totgeschwiegen wurde – und aktuelle Skandale wie beispielsweise Berichte über den Missbrauch der Regensburger Domspatzen bezeugen, dass Kindesmissbrauch in Erziehungsheimen leider nicht nur auf die ehemalige DDR beschränkt blieb.

Die Erzählperspektive in Kalteiche wechselt zwischen vielen verschiedenen Figuren: Opfer, Täter und Ermittler. Dies ermöglicht einerseits die Darstellung verschiedener Perspektiven, hat aber andererseits, da zu viele verschiedene Sichtweisen dargestellt werden sollen, eine etwas flache Charakterisierung der handelnden Personen zur Folge. Falsche Fährten, von denen der Leser schon von Anfang an weiß, dass sie falsche Fährten sind, erzeugen wenig Spannung. Äußerst klischeehaft sind auch die verwendeten Metaphern und Bilder, etwa wenn vom Frühling als „die Zeit des Erwachens“ und vom Blut als „das flüssige Leben“ geschrieben wird. Ein weiteres Ärgernis sind die vielen Tippfehler und grammatikalischen Irrtümer, zum Beispiel fehlende oder doppelte Pronomen und Artikel. Hefners Kriminalroman hätte es sicher verdient, etwas weniger nachlässig lektoriert zu werden.

Titelbild

Ulrich Hefner: Kalteiche. Kriminalroman.
Leda Verlag, Leer 2017.
336 Seiten, 11,00 EUR.
ISBN-13: 9783864122033

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