Der Hohn der Sieger, die Verzweiflung der Besiegten

KLAGELIED

Der Hohn der Sieger, die Verzweiflung der Besiegten

(Klagelieder II)

In Tränen schwinden dahin meine Augen, mein Innres brennt,
mein Herz will zerspringen über den Untergang meines Volks,
da Kinder und Säuglinge verschmachten auf den Straßen der Stadt
und ihr Leben aushauchen an der Brust ihrer Mütter.

Die vorübergingen klatschten über dich in die Hände,
höhnten und schüttelten den Kopf über die Tochter Jerusalem:
„Ist das die Stadt, der Schönheit Krone, der Erde Wonne?“

All deine Feinde rissen den Mund auf,
höhnten, knirschten mit den Zähnen
und riefen: „Wir haben sie vernichtet!
Ja, das ist der Tag, auf den wir gehofft;
wir haben ihn erlebt, geschaut.“

Jahwe hat vollbracht was er beschlossen,
hat ausgeführt was er gedroht.

Schrei laut zu Jahwe, Jungfrau Tochter Zion,
laß strömen deine Tränen Tag und Nacht,
erheb zu ihm die Hände für das Leben deiner Kinder!

Ach Jahwe schau!
Solln Mütter ihre Leibesfrucht verspeisen,
die Kindelein die sie betreut?
Darf man im Tempel morden Priester und Profeten?

Auf allen Straßen hingestreckt sind Kind und Greis,
Jungfraun und Jünglinge durchs Schwert gefallen;
du hast sie umgebracht am Tage deines Zorns,
geschlachtet ohn Erbarmen.