Ein Germanist wird ermordet

Friedrich Dürrenmatts Roman „Justiz“ (1985)

Von Marcel Reich-RanickiRSS-Newsfeed neuer Artikel von Marcel Reich-Ranicki

Nachdem der Starkritiker Friedrich Georgen seinen kurzen, glänzend formulierten Nachruf auf den soeben (wenn auch nicht endgültig) gestorbenen, angeblich weltberühmten Schriftsteller Schwitter, einen Nobelpreisträger übrigens, vorgetragen hat, macht ihm dessen skeptischer Verleger („Noch eine Dünndruckausgabe, und er ist vergessen“) zwar Komplimente, doch fügt er rasch hinzu: „Ganz unter uns: Ihr Tiefsinn in Ehren, Georgen, aber an sich war ihre Rede Mumpitz.“ So zu lesen in der vor zwanzig Jahren uraufgeführten Komödie „Der Meteor“ des weltberühmten Nichtnobel-Preisträgers Friedrich Dürrenmatt, der nicht einmal den bereits fünfunddreißigfach verliehenen Georg-Büchner-Preis erhalten hat. Die Akademien in Stockholm und Darmstadt – sie sollten sich schämen.

Tiefsinn und Mumpitz. Oder auch: Metaphysik und Blödelei. Wer weiß, ob man diesem Stückeschreiber und seinem in keinen Rahmen passenden Werk mit derartigen (zugegebenermaßen simplen) Formeln nicht am ehesten beikommen kann. Da dies aber möglicherweise gar zu respektlos klingt, möchte ich gleich sagen, dass ich Dürrenmatt nach wie vor bewundere und ihm auch zu tiefster Dankbarkeit verpflichtet bin.

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