Donnerstag, 2.4.

Nervous shutdown. Corona-Zeiten sind schlechte Zeiten für Hypochonder. Um Mitternacht wieder eine Panikattacke. Kaum hingelegt, pocht das Herz wie wild. Die Nerven laufen Amok, ich spüre sie am ganzen Körper bis in die Fußspitzen hinein. Kalter Schweiß auf den Handflächen. Ich bin ein „unhappy hippo“, wie ich mich selbst in diesen Momenten nenne. Sich selbst mit Worten umarmen, das hilft ein wenig. Mein Plüsch-Mops spendet mir Trost. Ich rebelliere gegen die Einsamkeit, möchte Zuwendung und Gesellschaft. Stattdessen muss ich autark und selbstgenügsam sein.

Augenklinik München, Mathildenstrasse 8. Schon im Internet Hinweise auf das Verhalten bei Corona. Auf einer schmalen geschwungenen Treppe geht es nach oben. Im Vorraum 5, 6 Leute, manche tragen Mundschutz. Die junge Frau an der Anmeldung ist Asiatin, auch sie trägt die hellgrüne Maske und Gummihandschuhe. Sie fragt, ob ich Grippesymptome habe, Kontakt mit Infizierten hatte oder mich in einem Risikogebiet aufgehalten habe. Sie misst Fieber an meiner Stirn. Corona-Routine. Dann überreicht sie mir einen Mundschutz, den ich mit zittrigen Händen umständlich anlege. Erst jetzt darf ich in den Wartesaal, der völlig leer ist. In normalen Zeiten stehen hier die Menschen bis auf den Flur, vier Stunden Wartezeit sind nicht ungewöhnlich. Jetzt haben alle Angst, sich in einer Klinik anzustecken. Ich bin sofort an der Reihe.

In Australien gibt es eine „Klopapier-Krise“: Statt Klopapier stopfen die Menschen wahllos Zeitungspapier, Feuchttücher etc. in die Toiletten. Die Rohre sind verstopft. Down under wird in die „Analen“ eingehen…

Aus Eva Strasser: Splitter aus der Quarantäne. Ein Corona-Tagebuch. Sonderausgabe literaturkritik.de. Verlag LiteraturWissenschaft.de, Marburg 2020