III.4.5 Recherche

Leseprobe

Von Katrin RichterRSS-Newsfeed neuer Artikel von Katrin Richter und Frank Simon-RitzRSS-Newsfeed neuer Artikel von Frank Simon-Ritz

4.5 Hilfsmittel und Methoden literaturwissenschaftlicher Recherche

Es hat fast schon symbolischen Charakter, dass Paul Raabes Einführung in die Bücherkunde zur deutschen Literaturwissenschaft, die 1961 in erster Auflage als erstes Bändchen der bis heute wirkungsmächtigen Sammlung Metzler erschienen ist und über mehr als 30 Jahre mehrere Generationen von angehenden Literaturwissenschaftlern begleitet hat, zum letzten Mal 1994 in 11. Auflage herauskam. Neben das Buch sind schon zu diesem Zeitpunkt andere Medien getreten, die auch die Arbeit der Literaturwissenschaftler grundlegend verändern. Und in diese Zeit kann auch der Anfang des Siegeszuges des Internet und damit zugleich der markanteste Wendepunkt vom Analogen zum Digitalen datiert werden. Heute muss die Bücherkunde für Literaturwissenschaftler zugleich Medi- enkunde sein und die Einführung in die Informationswelten des Internet ist gerade auch in den Geistes- und Kulturwissenschaften unverzichtbar geworden.

Um auf dem Weg der Beantwortung literaturwissenschaftlicher Fragestellungen erfolgreich zum Ziel zu gelangen, ist der systematische Umgang mit den verschiedensten Informationsressourcen obligatorisch. Die Benutzung von relevanten Fachinformationen mit Hilfe des Internet erfordert auch von Literaturwissenschaftlern, sich die technologische Infrastruktur kontinuierlich anzueignen sowie ein präzises Daten- und Informationsmanagement in die eigenen Arbeitsprozesse zu integrieren. Es existiert nicht der eine Zugang zu allen denkbaren Quellen, sondern vielmehr ein Patchwork an unzähligen Informationsmöglichkeiten in den einzelnen Schichten der Webatmosphäre. Jeder Hypertext mit mindestens einem Hyperlink verweist auf weitere Hypertexte. Somit können durch das Recherchieren in virtuellen Welten vor allem uner- Recherche geht es nicht ausschließlich darum, das zu finden, was anfänglich gesucht wurde, sondern vor allem um das, was unter Kontextwissen verstanden werden kann. »Es geht also längst nicht mehr allein um Texte« (Hartmann 2000, 19), sondern auch um fachspezifische Schnittstellenkenntnisse. Gerade deshalb ist trotz breit angelegter Rekatalogisierungsprojekte der Bibliotheken noch nicht jedes Buch oder jeder Aufsatz tatsächlich in einem Online-Katalog oder in einer Datenbank verzeichnet und über das Internet weltweit und zu jeder Zeit zugänglich. Ein beachtenswerter Teil an Informationen befindet sich nach wie vor in Zettelkatalogen in Bibliotheken, Archiven, Museen und anderen Einrichtungen. Schrift in jeglicher Form kann als Einzugsbereich jeder Fachinformationsrecherche betrachtet werden.

Für die Erarbeitung eines Themas ist somit das strukturierte Recherchieren in hand- oder maschinegeschriebenen, gedruckten und elektronischen Quellen – auch hinsichtlich des Zeitmanagements – entscheidend. Das Untersuchen und Herausfinden, das Sammeln, Wiederfinden und Verwalten von relevanten Daten zu einer speziellen Fragestellung in verschiedensten Informationsmitteln ist wichtig, um letztlich einen Gegenstandsbereich nachhaltig zu erforschen.

Einstieg in die Recherche

In der Literaturwissenschaft erfolgt ein erster Themeneinstieg in der Regel durch die Arbeit am Primärtext (vgl. Jeßing 2000, 48 ff.). Das mag simpel erscheinen, aber das Lesen eines Textes mit anschließender Textbeschreibung, Textanalyse und Verständnishypothese stellt die Ausgangsbasis für die Arbeit mit dem Text dar. Das Einbeziehen von Nachschlagewerken, thematisch ausgerichteten Einführungen und Fachbibliografien kann in einem zweiten Schritt bewerkstelligt werden. Bei literaturwissenschaftlichen Fragestellungen eröffnet ein Blick in die einschlägigen Lexika – Kindlers Neues Literaturlexikon (KNLL), das von Walther Killy herausgegebene Literaturlexikon, das Metzler Lexikon Weltliteratur oder Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie, das Kritische Lexikon der Gegenwartsliteratur (KLG) – den Zugang zu wesentlichen Informationen über literarische Werke, Stoffe und Motive sowie über zahlreiche Autoren. Selbstverständlich findet man in den genannten Lexika bereits Hinweise auf einschlägige Literatur. Die Arbeit mit einigen dieser Werke wird dadurch erleichtert, dass sie auch in digitaler Form zugänglich sind. So existieren das KNLL und das von Killy herausgegebene Literaturlexikon auch in einer CD-ROM-Fassung, die von den Bibliotheken teilweise im jeweiligen Hochschulnetz zur Verfügung gestellt wird. Das KLG gibt es auch in einer Online-Version, die sich direkt an den Endnutzer – ohne Vermittlung durch eine Bibliothek – wendet. [...]

Leseprobe aus  dem Handbuch Literaturwissenschaft. Sie können den Handbuch-Artikel nach Anklicken der Zeile „Leserbrief schreiben“ rechts unten auf dieser Seite kommentieren.